AboAbonnieren

Stellenstreichungen kommen in immer kürzeren AbständenRestrukturierungswelle bei Ford trifft Köln hart – Blick in die Zukunft verhalten

Lesezeit 3 Minuten
Ford Elektroautos vom Typ Explorer stehen beim Produktionsstart in der Halle.

2300 Jobs sollen bis Ende 2025 in Köln entfallen.

Ford kürzt seit Jahren Stellen in Europa. 2300 Jobs sollen bis Ende 2025 in Köln entfallen.

Als der Capri in den 60er und 70er Jahren in Köln vom Band lief, gab es bei Ford rund 50.000 Mitarbeiter. Auch das gehört zur Nostalgie, wenn man auf die Entwicklung in einer sich extrem verändernden Autoindustrie schaut. Geschäftsführer Christian Weingärtner räumte gestern im Gespräch mit der Rundschau ein, dass die Diskussionen um Stellenabbau, um künftige Führungsaufgaben in der Konzernstruktur, sowie die weitere Entwicklung des Standortes Köln in den vergangenen Monaten suboptimal gelaufen seien. „Es wird alles effizienter. Wir konsolidieren unsere Business-Lines und wir sind im Dialog mit dem Betriebsrat“, erklärte Weingärtner. Was weiteren Stellenabbau betreffe, könne er „nichts ausschließen, aber momentan ist nichts auf dem Tisch“.

Vieles dürfte also nun davon abhängen, ob die neue E-Modelle Explorer und Capri bei den Kunden ankommen. Es müssten schon Verkaufsraketen werden, wenn Ford wieder Marktanteile von fünf Prozent in Europa erreichen soll, die der Autoexperte Stefan Bratzel für notwendig für den Autobauer erachtet.

Schon wieder Umbau angekündigt

Ford kürzt seit Jahren Stellen in Europa. Das Werk im belgischen Genk mit 4700 Mitarbeitern wurde im November 2012 geschlossen. Das letzte britische Montagewerk in Southampton folgte 2013. In einer weiteren Welle ab 2019 wurden dann sechs Produktionsstätten in Russland, Großbritannien und Frankreich geschlossen. 12.000 Stellen in Europa fielen weg, darunter gut 5400 in Deutschland. Im Februar 2019 arbeiteten für Ford noch 34.000 Mitarbeiter in Europa.

Im Jahr 2023 gab es die nächsten Einschnitte. 2300 Jobs sollen bis Ende 2025 in Köln entfallen: 1700 von damals 3900 im Entwicklungszentrum und 600 von 3400 in der Verwaltung. Dieser Stellenabbau ist inzwischen zu mehr als der Hälfte sozialverträglich erfolgt, da meldete das europäische Ford-Management in einer Mail vom 5. Juni schon wieder weitere Umbauten an.

Gekürzt wird quer durch das Unternehmen. Die Produktion soll effizienter, Managementstrukturen vereinfacht werden. Zu Ende Juni wurde die Geschäftsführung von zehn Mitgliedern auf vier reduziert. Besetzt sind zwei Stellen. Die Führungsaufgabe teilen sich Christian Weingärtner und Rene Wolf. Weingärtner ist seit 2022 für Marketing und Verkauf zuständig, Wolf seit 1. Oktober 2021 für das Ressort Fertigung.

Weiter sollen Verwaltung, Marketing, Vertrieb und Service effizienter aufgestellt werden. Arbeiten, die nicht zum Kernbereich gehören – also zum Entwickeln, Bauen und Verkaufen von Autos –, sollen wegfallen. Aber auch der Entwicklungsbereich soll erneut bluten.

250.000 Autos pro Jahr könnten vom Band laufen

Basis für den im Juni präsentierten Explorer und den neuen Capri ist eine VW-Plattform, auf die Ford in sechs Jahren 1,2 Millionen Autos setzen kann. Bis zu 250.000 pro Jahr könnten vom Band laufen. Ob diese Zahlen erreicht werden, scheint fraglich. Ford ist spät dran mit der Elektromobilität. Zudem wurde der Verkaufsstart des Explorers um gut neun Monate verschoben, weil er eine neue Batterie bekommen sollte. In Köln wurde fast ein Jahr kein Auto gefertigt. Die Mitarbeiter trainierten oder blieben zu Hause, was den Konzern Unsummen gekostet haben dürfte. Das Ergebnis: Fords Marktanteil in Europa brach laut dem europäischen Branchenverband Acea von Januar bis Mai dieses Jahres auf 3,4 Prozent ein, in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) auf 3,6 Prozent. Neu zugelassen wurden 188.021 beziehungsweise 41.750 Pkw.

Der Konzern, der nicht mehr jedes Fahrzeugsegment bedienen will, verkauft US-Fahrzeuge wie den Mustang in dreistelligen Größenordnungen. Von den ehemaligen Brot- und Butter-Pkw hat Ford von Januar bis Mai nicht einmal 25.000 verkauft – laut KBA 8578 Focus, 9099 Kuga und 9186 Puma. Der Bestseller Fiesta wird seit einem Jahr nicht mehr gebaut.

Verhalten ist der Blick in die Zukunft. Vage spricht Ford von einem neuen Hybrid-Fahrzeug für Valencia 2027, wenn dort der Kuga ausläuft.

So entscheiden die Kölner E-Autos über die Zukunft. Ebenfalls 2024 wollen die Kölner eine Klasse unter Explorer und Capri auch noch eine elektrifizierte Version des Puma bringen. (mit dpa)